In der Medizin werden die kleinen Blutsauger häufig eingesetzt. Blutegel helfen bei Krampfadern, Thrombosen und Venenentzündungen.
»Wenn ich irgend etwas auf der Welt hasse, dann sind es Blutegel, diese widerlichen kleinen Biester!« Die Schimpftirade Humphrey Bogarts in dem Film »African Queen« können sicher viele nachempfinden. Doch wer einmal die heilsame Wirkung der Hirudo medicinalis erfahren hat, lässt sie sich wieder ansetzen.
Keinen Ekel vor dem Egel
Schon seit Menschengedenken gibt es sie, die sogenannten ausleitenden Verfahren. Eine der sanftesten Methoden ist das Ansetzen von Blutegeln. In der Geschichte der Medizin hat diese Natur-Therapie eine lange Tradition. Schon Hippokrates und Galen benutzten die kleinen Sauger. Im Mittelalter beschrieb der islamische Philosoph und Wissenschaftler Avicenna das Verfahren ausführlich. Später waren Blutegel so beliebt, dass man es heute kaum glauben mag: In Deutschland benötigte man im 19. Jahrhundert bis zu 25 Millionen Tiere im Jahr, so dass sie fast ausstarben. Heute unterliegen Blutegel als gefährdete Tierart dem Washingtoner Artenschutzabkommen. Deswegen werden Import und Handel vom Bundesamt für Naturschutz überwacht. Die hauptsächliche medizinische Anwendung: Krampfadern, Thrombosen und Venenentzündungen.
Zwölf Gramm und der Blutegel ist satt
Blutegel gehören wie die Regenwürmer zur Klasse der Ringelwürmer. Hirudo medicinalis hat zwei Saugnäpfe. Der am hinteren Ende dient der Fortbewegung. Mittels Saugnapf am Kopf saugt der Egel bis zum Fünffachen seines Körpergewichtes Blut. Ein solches Verhältnis erreicht sonst kaum ein Tier. Ein satter Blutegel wiegt dann etwa zwölf Gramm. Patienten brauchen keinen Ekel vor dem Egel zu haben. Man sollte sich mit den Winzlingen auseinandersetzen, sie sich zeigen lassen. Das Anbeißen der Beißwerkzeuge spürt man wie das Pieksen mit einer Nadel oder es wird als Ziehen empfunden. Die kleine y-förmige Wunde ist einen Millimeter groß. Nach einer Saugdauer zwischen 15 Minuten und einer Stunde ist der Wurm gesättigt und lässt von seinem Spender ab. Es kommt zu keinem nennenswerten Blutverlust. Ein einzelner Egel saugt etwa zehn Milliliter Blut ab. Durch die Nachblutung gehen zwischen 20 und 40 Milliliter Blut ab.
Blutegel helfen
Anhänger der Blutegel-Therapie schätzen besonders, dass sie gezielt am Punkt des Schmerzes, der Entzündung oder Schwellung wirkt. Der Blutentzug bessert die Blutzirkulation und bringt dadurch entzündliche Flüssigkeitsansammlungen schneller zum Abfluss. Aber dies ist nur die eine Wirkung des Verfahrens. Denn während des Saugens sondert das Speichelsekret des Tierchens verschiedene Proteine ab. Hirudin wirkt gerinnungs-, Eglin entzündungshemmend. Hirudin wird auch pharmazeutisch in Salben verwendet. Und Hyaluronidase unterbindet das Wachstum von Mikroorganismen.
Die Medizin kennt noch weitere Krankheiten, bei denen Hirudo helfen kann: viele Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, bei Geschwüren und Furunkeln, bei Entzündungen der Gallenblase oder Ohren und ganz allgemein bei Neuralgien. Heilpraktiker und naturheilkundlich orientierte Ärzte setzen wieder häufiger Blutegel ein, die auch über Apotheken zu beziehen sind. Nur Bluter und Diabetiker müssen darauf verzichten.