Histaminhaltige Lebensmittel wie Rotwein, Emmentaler-Käse und Thunfischpizza können – wegen ihres hohen Histamingehalts allergieähnliche Symptome auslösen.
Vieles in Wien beginnt beim Heurigen, so auch die Histamin-Unverträglichkeit. Denn Wein, und hier vor allem Rotwein, ist der häufigste Auslöser von Beschwerden bei histaminempfindlichen Menschen. Bereits nach einer geringen Menge sagen die betroffenen Heurigenbesucher, dass ihnen „die Nase zugeht“. Oder sie haben sich angewöhnt, gar keinen Wein zu trinken, weil er ihnen angeblich nicht schmeckt. Manche trinken den herben Schilcherwein, der kaum Histamin enthält und somit fast die einzige Alternative darstellt. „Diese Beobachtung wurde sicher schon von vielen Menschen gemacht, allerdings haben meines Wissens nach viele bislang nicht daraus die Schlussfolgerung gezogen, dass sie von einer Histaminintoleranz betroffen sein könnten“, meint dazu der bekannte Wiener Allergiearzt Dozent Dr. Reinhard Jarisch
Doch was ist Histamin? Und was sind histmaminhaltige Lebensmittel?
Histamin ist eine einfache chemische Substanz, die im menschlichen Körper produziert wird und die insbesondere beim Auftreten allergischer Reaktionen eine Rolle spielt. Histamin kommt aber auch in manchen Nahrungsmitteln vor. Ein anschauliches Beispiel für eine hohe Produktion in Pflanzen ist die Brennnessel. Bei Berührung lösen die stark histaminhaltigen Pflanzenhaare juckende Hautreaktionen aus. Die Anzahl der pflanzlichen Nahrungsmittel, die einen hohen natürlichen Gehalt an Histamin aufweisen, ist allerdings beschränkt. Weintrauben selbst z.B. enthalten nur unbedeutende Mengen der Substanz. Dasselbe gilt für frische tierische Nahrungsmittel. Dass manche Produkte letztendlich so histaminbelastet sind, hängt mit der Weiterverarbeitung, Haltbarmachung und Reifung durch Mikroorganismen sowie mit natürlichen Alterungsprozessen zusammen. Betroffen sind abgesehen vom Wein zum Beispiel bestimmte Käsesorten, Rohwurst, Sauerkraut, Bier und Fisch.
Histaminabbauendes Enzym Diaminoxidase
Die in Lebensmitteln vorkommenden Histaminmengen werden im Normalfall von uns gut vertragen. Bei Aufnahme großer Mengen von histaminhaltigen Lebensmitteln kann der Körper mit seinen Entgiftungsmechanismen jedoch nicht mehr nachkommen. Dozent Jarisch bringt ein Extrembeispiel: Würden Menschen stark verdorbenes Fleisch, also Aas, essen, würden sie unweigerlich sterben. Ein Löwe dagegen verträgt den hohen Histamingehalt im Aas, da er über die entsprechende Menge des histaminabbauenden Enzyms Diaminoxidase verfügt.
Woher kommt eine Histamin-Intoleranz?
Histaminüberempfindliche Menschen zeigen schon bei geringen Histaminmengen Reaktionen, weil sie entweder deutlich weniger Diaminoxidase in ihren Darmschleimhautzellen produzieren als gesunde Menschen, oder aber weil die histaminabbauende Funktion der Enzyme gehemmt ist, beispielsweise durch die Einnahme eines Medikaments.
Es wird angenommen, dass knapp ein Prozent der Gesamtbevölkerung in Mitteleuropa von einer Histamin-Intoleranz betroffen ist. Da 80 Prozent der erkrankten Personen weiblichen Geschlechts, insbesondere in der Altersgruppe um 40 Jahre, sind, liegt – so Jarisch – ein Zusammenhang mit der Abnahme von weiblichen Geschlechtshormonen nahe. Ein angeborener Diaminoxidasemangel ist dagegen äußerst selten.
Symptome einer Histamin-Unverträglichkeit
Als Symptome einer Histamin-Intoleranz sind vor allem Schwindel, Schwäche und Hitzegefühl zu nennen, aber auch Kopfschmerzen, eine verlegte oder rinnende Nase, Unwohlsein bis hin zu Herz- und Kreislaufschwächen. Auch Hautveränderungen, wie rötliche, juckende Flecken im Gesichtsbereich, sind möglich. Mitunter geht es soweit, dass schockartige Erscheinungen und lebensbedrohende Situationen im Zusammenhang mit dem Verzehr von histaminhaltigen Lebensmitteln auftreten können. Anders als bei Allergien ist an diesen Intoleranzreaktionen jedoch das Immunsystem nicht beteiligt. Dozent Jarisch rät bei Verdacht einer Histamin-Unverträglichkeit unbedingt einen erfahrenen Allergologen zu konsultieren. Listen mit histaminhaltigen Nahrungsmittelnhelfen bei einer etwaig notwendigen Diät.