Alles über moderne Ernährungsmärchen und Ernährungslügen. Immer wieder geraten Lebensmittel wegen vermeintlich gesundheitsschädigender Wirkungen auf die Anklagebank. Zu Recht oder zu Unrecht?
Was gesund ist und was nicht, scheint schließlich ständig neu definiert zu werden. Glauben Sie wirklich noch daran, dass Eier den Cholesterinspiegel erhöhen? Nun gut, Eier enthalten Cholesterin und ein zu hoher Cholesterinspiegel zählt zu den bekannten Risikofaktoren für Arteriosklerose, der gefürchteten Arterienverkalkung. „Soweit, so richtig. Doch wenn Sie nun aufgrund dieser beiden Erkenntnisse glauben, dass Eier oder zu viele davon für einen hohen Cholesterinspiegel verantwortlich seien, sitzen Sie einem Ernährungsmärchen auf!“ so Sven-David Müller-Nothmann, Diätassistent und Mitautor des Buches „Moderne Ernährungsmärchen“ vom Verlag Schlütersche.
„Aktuelle Untersuchungen setzen das Vorurteil, dass der regelmäßige Verzehr von Hühnereiern zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führt, außer Kraft!“ weiß auch Diplom Oecotrophologin Karima Jung von der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e.V. in Aachen. Einige große Studien haben gezeigt, dass der Verzehr von einem Hühnerei täglich kaum eine nennenswerte Wirkung auf die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat.
Freispruch also für das Frühstücksei, zumal auch die amerikanische Heart Association bestätigt, dass das Cholesterin im Ei kein Risiko für den Herzinfarkt darstellt. Doch wie sieht es mit den anderen Ernährungsmärchen aus, mit denen wir tagtäglich konfrontiert werden? Ernährungsmärchen, denen besonders wir Sportler gerne auf den Leim gehen.
Fatburner – gibts das?
Die gute Nachricht zuerst: Fatburner gibt es wirklich. Allerdings heißen sie nicht Spargelpulver, Apfelessig oder Kohlsuppe. Es sind aber einzelne Substanzen bekannt, die den Fettstoffwechsel ankurbeln. Sie erhöhen die so genannte Thermogenese des Körpers, das heißt die Umwandlung von Kilokalorien in Wärme. Dazu gehören gesundheitsgefährdende Stoffe wie Ephedrin und Nikotin, aber auch L-Carnitin, Capsaicin und Koffein.
L-Carnitin bewies in verschiedenen Studien, unter anderem von Prof. Dr. Alfred Lohninger an der Universität Wien, dass es die Verbrennung von Fettsäuren steigern kann. Capsaicin ist die scharfe Substanz im Chili und hat ebenfalls einen Einfluss auf die Thermogenese. Einen starken Kaffee nach jeder Hauptmahlzeit als Fatburner empfiehlt sogar die Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e.V. in Bad Aachen.
Freispruch für den Kaffee
Übrigens: Kaffee gehört durchaus mit in die tägliche Flüssigkeitsbilanz! Der Rat, dass zu jeder Tasse Kaffee die gleiche Menge Wasser zu trinken ist, um damit den kaffeebedingten Flüssigkeitsverlust auszugleichen, ist wissenschaftlich nicht haltbar (1, 2). Dann wäre Kaffee schließlich ein verschreibungspflichtiges Diuretikum, also ein hochwirksames wassertreibendes Medikament und kein Getränk.
Jetzt belegen wissenschaftliche Untersuchungen sogar, dass Kaffee eine natürliche Quelle an Antioxidantien ist. Das sind natürliche Pflanzenstoffe, die den körpereigenen Zellschutz stärken und den Abbau so genannter freier Radikaler unterstützen können. Diese positiv wirkenden Substanzen sind von Natur aus in den Kaffeebohnen vorhanden. „Durch schonende Röstverfahren bleibt ein beachtlicher Anteil der pflanzlichen Schutzstoffe in den Bohnen erhalten“, erläutert Dr. Gerd Harzer, wissenschaftlicher Experte von Kraft Foods.
Sportlernahrung – Sinn oder Unsinn?
Dass Sportlernahrung überflüssig ist, wurde vermutlich von Nichtsportlern in die Welt gesetzt. Natürlich liefern auch Butterbrote, Bananen, Bohnensuppe und Apfelschorle Kohlenhydrate, Eiweiß und Flüssigkeit. Aber wer will schon vor einem Wettkampf seinen Verdauungstrakt unnötig belasten oder mit einem Proviantrucksack den New York Marathon starten?
Sportgetränke und Sportriegel sind handlich und oft besser verträglich, „weil ihre Nährstoffe, Wirkstoffe und Energie in höherer Dichte vorliegen und rascher verfügbar sind!“ so Sven-David Müller-Nothmann. Es geht bei Sportlernahrung auch nicht darum, die Leistung des (Freizeit-) Sportlers zu steigern. Sondern darum, seinen Nährstoffbedarf zu decken, seine Regeneration zu beschleunigen und langfristig seine Leistungen zu erhalten.
E-Nummern: Codes für Gift?
Keine Angst auch vor dem Kleingedruckten auf Riegel, Shake & Co: E-Nummern sind nicht die Abkürzung für handelsübliche Gifte, denn in Deutschland sind keine gesundheitsschädlichen Zusatzstoffe zugelassen. E-Nummern sind vereinfachte Bezeichnungen für Substanzen, die ein Lebensmittel haltbarer oder seine Farbe appetitlicher machen sollen. Einige dieser Stoffe sind sogar gesund, wie zum Beispiel die Ascorbinsäure (Vitamin C) oder Carotinoide (Sekundäre Pflanzenstoffe).
Generationsübergreifende Märchen
Hier noch ein paar klassische Ernährungsmärchen: Schokolade und Chips machen Pickel. Tatsächlich haben sie keinen Einfluss auf unser Hautbild, denn wie sie verstopfen sollten, ist wissenschaftlich vollkommen unklar. Süßigkeiten machen auch nicht per se dick. Natürlich liefern sie Kalorien, aber nur wer mehr Kalorien aufnimmt, als er verbraucht, nimmt zu.
Gummibärchen sind übrigens nicht „besser“ als Schokolade. Viele Jahre lang wurde behauptet, dass Kohlenhydrate nicht dick machen, aber dafür Fett. Auch hier gilt: Eine Kalorie ist nun mal eine Kalorie. Zwar haben Gummibärchen weniger Kalorien als Schokolade, aber sie enthalten nur Zucker und keine Ballaststoffe. Daher lassen sie den Blutzuckerspiegel sehr schnell ansteigen. Bei Schokolade steigt der Blutzuckerspiegel wegen ihres Fettgehalts nur langsam. Das führt zu einer geringeren Insulinausschüttung. So machen Gummibärchen Appetit auf mehr, während Schokolade nicht unbedingt zu weiteren Hungerattacken führt.
Freispruch für den Zucker
Ansonsten ist Zucker zu Unrecht der Buhmann gesunder Ernährung. In Wahrheit macht er weder süchtig noch ist er für Diabetes mellitus Typ 2, Übergewicht, Pilzinfektionen oder Karies verantwortlich. Zucker begeht auch keinen Knochen- und Vitaminraub. Dies alles gehört in die Liste der populären Ernährungsmärchen.
Dabei fallen unter durchleuchteten Mythen mitunter harmlose Fehlinformationen, die kaum großen Schaden anrichten, wie: Eier von glücklichen Hühnern schmecken besser, Weihnachten macht dick und dergleichen. Ob Fasten wirklich gesund ist, darüber streiten die Gelehrten noch immer. Bis sie sich einigen, behalten Sie besser Ihren guten Appetit!