Spilanthes oder Parakresse prickelt auf der Zunge, lindert (Zahn-)schmerzen, hemmt Entzündungen und sorgt für Anti-Falten- und Anti-Aging-Effekt.
Die einjährige, bis 40 cm hohe Gemüse- und Heilpflanze mit weichen, violett überlaufenen Blättern und einzelnen, rötlichbraunen und gelben Blütenköpfen, die in den Blattachseln stehen, gehört zu den Asteraceae (Korbblütlergewächsen). Parakresse ist unter den wissenschaftlichen Namen Spilanthes oleracea, Sp. acmella oder Acmella oleracea bekannt. Volkstümlich wird sie als Parakresse, Husarenknöpfchen, Zahnwehpflanze, Jambu oder Prickelknopf bezeichnet.
Parakresse als Nahrungsmittel
Parakresse (nach der nordbrasilianischen Provinz Para wie Paranuss) ist ein beliebtes Salatgemüse in Südamerika. Die Parakresse hat mit den anderen Kressen nur den Namen gemein – sie ist scharf auf andere Art. Die flüchtigen Isothiocyanate der gewöhnlichen Kressen bewirken eine rasche Schärfe in Mund und Rachen, die sich bis in die Nase ausdehnt und auch rasch wieder vergeht; dagegen entwickelt sich die Schärfe der Parakresse langsamer und bleibt auf Mund und Rachen beschränkt, wo sie zunächst ein eigenartiges, kitzelndes und kribbelndes Gefühl und danach eine gewisse Taubheit und Speichelfluss hervorruft.
Indios im Amazonasgebiet würzen fade Maniok-Gerichte mit dieser scharfen Pflanze nach. In Europa ist Parakresse als Gewürz noch weitgehend unbekannt, doch Prickeleffekt und die Mundsensationen sind als Partyspaß beliebt, indem man Blüten und geschnittene Blätter in normale Salate gibt. Auch der Lebensmittelindustrie sind diese Eigenschaften nicht verborgen geblieben. So arbeiten Aromaforscher der Firma Symrise aus Holzminden daran, sanftere Prickel-Alternativen zu entwickeln, die nicht so scharf, betäubend und zusammenziehend wie Spilanthol wirken. Diese finden wir später als naturidentische und künstliche Aromastoffe auf der Zutatenliste von zum Beispiel alkoholfreien Getränken oder Würzmischungen. Einige „Spilanthol-light-Erfindungen“ dieser Zusatzstoffe sind bereits beim Europäischen (EP 2008-530) und Japanischen Patentamt (JP 2006-29635-6 und -7) angemeldet.
Spilanthes als Heilmittel
Die Pflanze wirkt durch Kauen frischer Blüten und Blätter lokal betäubend, antibiotisch, entzündungshemmend, schmerzlindernd und speichelflussfördernd. Eine Blütentinktur wird zur Linderung von Zahnschmerzen und gegen Entzündungen der Mundschleimhaut mit einem Wattebausch auf die betreffenden Stellen aufgetragen. Getrocknete oberirdische Pflanzenteile (Spilantis oleraceae herba) werden traditionell therapeutisch verwendet zur Behandlung von Fieber, Halsschmerzen, Verdauungsbeschwerden und Hämorrhoiden. Ein Breiumschlag aus den Blättern soll auch bei Rheuma und Gicht schmerzlindernd wirken. Seit einigen Jahren sind die Heilwirkungen auch durch wissenschaftliche Studien zunehmend bestätigt worden.
Als entzündungshemmende Substanz wurde vor allem das chemisch zu den N-Alkylamiden zählende Spilanthol identifiziert. Es liegt in Parakresse-Blüten in einer Konzentration von 1,2 % vor. Spilanthol hat auch starke insektizide und antimikrobielle Wirkungen. So hofft man sich durch Einsatz des larventötenden Spilanthols der Tropenkrankheit Malaria und weiteren durch Stechmücken übertragende Infektionskrankheiten vorbeugen zu können.
Spilanthes zur Hautpflege – Anti-Falten- und Anti-Aging-Effekt?
Über die orale Anwendung von Parakresse gibt es einen großen Erfahrungsschatz. Aber auch die äußere Anwendung auf der Haut kann zukünftig eine große Rolle spielen. So haben belgische Forscher den Nachweis erbringen können, dass Spilanthol auch die Haut durchdringen kann. Diese Eigenschaft könnte Parakresse zu einer interessanten kosmetisch und dermatologisch nutzbaren Pflanze werden lassen. Schon heute werden „Anti Aging“- und „Anti-Falten“-Effekte im Internet durch den „revolutionären Wunderwirkstoff“ Gatuline (Spilanthes-Extrakt) beworben.
Spilanthes und Candida: Die tun sich nichts!
Spilanthes soll als Tausendsassa („general infection fighter“) Infektionen durch Pilze (Candida, Soor, Dermatophytosen), Bakterien und Viren (Herpes) bekämpfen können.
Der Schweizer Alfred Vogel („Der kleine Doktor“), dessen Heilslehren im europäischen Raum viele Anhänger haben, soll durch den Indiostamm der Jawaras angeregt worden sein, Spilanthes als Anti-Pilzmittel auf der Haut zu verwenden. Vogel formulierte demnach einen Pflanzenextrakt als Tinktur für den äußerlichen Gebrauch von Pilzerkrankungen wie Haut- und Fußpilz, Schuppen und Nagelinfektionen – Candida albicans als Verursacher von darm- und sonstigen Beschwerden war ihm unbekannt. Die Quelle Vogel ist die einzige, die die Anwendung bei Pilzerkrankungen nachvollziehbar beschreibt. Die innere Anwendung bei Befall des Verdauungstraktes mit Candida albicans entbehrt dagegen jeder Grundlage und ist als hypothetisches Konstrukt von Internetanbietern zwecks Absatzsteigerung denkbar.
Bezugsquellen
In Großbritannien wird die Tinktur von Bioforce als Phytotherapeutikum angeboten und vertrieben, auf dem europäischen Festland ist in der Schweiz eine Zulassung beantragt. In der Homöopathie ist Spilanthes oleracea eine geschätzte Heilpflanze, die pur oder in Kombination mit anderen Naturwirkstoffen verwendet wird. Spilanthes oleracea ist auch in deutschen Apotheken als getrocknetes Kraut, als Urtinktur der Deutschen Homöopathischen Union sowie als Tabletten (D4) erhältlich. Mehrere Cremes und Salben enthalten Spilanthes oleracea (zum Beispiel Alpina Arnica-Gel zur Behandlung von Sport- und Unfallverletzungen). Das Schweizerische Unternehmen Bioforce bietet Dentaforce Kräuter-Mundwasser und -Mundspray mit Spilanthes an. Ferner sind diverse Parakresse- und Spilanthes-Tinkturen erhältlich.
Eine Anzucht aus Samen ist nicht einfach. Wer es trotzdem versuchen will, besorgt sich Samen in gut sortierten Sämereien oder im Internet. Im Frühjahr kann man sie in Tontöpfen vorziehen. Der Boden sollte nährstoffreich sein, feucht gehalten aber nicht stark gedüngt werden. Die Pflanze mag es warm und gedeiht bei Temperaturen unter 10 °C schlecht: Bei Frost geht sie ein.