Bärengalle wird seit 3000 Jahren in der Traditionellen Chinesischen Medizin verwendet. Doch immer mehr Mediziner protestieren gegen diese grausame Praktik.
In den frühen 1980er Jahren entstanden in China die ersten kommerziellen Bärenfarmen. Wissenschaftler hatten eine Methode entwickelt, um die Gallenflüssigkeit von lebenden Bären abzuzapfen und damit auf Lebenszeit von ihrer Galle zu profitieren. Auf diese Weise sollte die wachsende Nachfrage nach der Galle einfacher und besser befriedigt werden. Bis zu dem Zeitpunkt waren Bären aus der Wildnis wegen ihrer Gallenblasen getötet und ihr Bestand stark dadurch dezimiert worden. In den frühen 1990er Jahren gab es bereits über 400 Bärenfarmen mit mehr als 10.000 gefangenen Bären.
Die Zahl der Bärenfarmen sollte bis zum Jahr 2000 auf 40.000 erhöht werden. Zum Glück wurde diese, als weltweit grausamste eingeschätzte Tierquälerei international bekannt gemacht durch Jill Robinson. Die britische Tierschützerin entdeckte bei dem Besuch einer solchen Farm das unvorstellbare Elend der Mondbären und gab sich selbst und den armen Kreaturen das Versprechen, mit aller Kraft gegen diese Grausamkeit anzukämpfen. Jill gründete 1993 die Tierschutzorganisation Animals Asia Foundation und interveniert seitdem unermüdlich gegen die Haltung der Mondbären. Die chinesische Regierung stimmte zu, die Anzahl der bestehenden Farmen um 30 Prozent zu reduzieren, die schlimmsten Farmen nach und nach zu schließen und keine neuen Lizenzen für Bärenfarmen auszustellen.
Bärenfarmen – das grausame Geschäft mit der Galle der Bären
Die wunderschönen, intelligenten Tiere werden in winzigen Presskäfigen gehalten, in denen sie sich kaum drehen können, schon gar nicht aufstehen. Aus ihren Bäuchen ragen rostige Metallkatheter, die operativ in ihre Galle eingesetzt wurden. Mit dem Katheder werden die Bären mehrere Male täglich „gemolken“ – eine Prozedur, die höllische Qualen verursacht. In Vietnam und Korea leben die Bären in kleinen Stahlkäfigen oder Betonzellen. Dort wird die Gallenflüssigkeit durch „Frei tropfende Technik“ gewonnen. Bei dieser Methode wird eine Öffnung in die Bauchdecke geschnitten und mit einer Öffnung in der Galle verbunden, so dass ein permanenter Zugang zur Galle entsteht. Damit sind die Bären andauernden Schmerzen, bakteriellen Infektionen und Krankheiten ausgesetzt. Da Mondbären außergewöhnlich widerstandsfähig sind, können sie jahrzehntelang in diesen Käfigen vor sich hin vegetieren, ohne ausreichende Nahrung und ständig dehydriert. Zur Zeit leben geschätzte 10.000 Bären auf den Farmen in China, Vietnam und Korea. Wild lebende Bären werden trotzdem noch wegen ihrer Galle und zur Nachzucht für die Farmen von illegalen Jägern gewildert. Mittlerweile gibt es weniger als 16.000 wild lebende Bären in Asien.
Die Rolle der Bärengalle in der Traditionellen Chinesischen Medizin
Der abgezapfte Gallensaft wird vor allem in der „Traditionellen Chinesischen Medizin“ (TCM) verwendet. Bärengalle ist seit 3000 Jahren Bestandteil der Traditionellen Medizin. Medikamente mit Bärengallensaft werden in Ländern auf der ganzen Welt mit ausgeprägten asiatischen Bevölkerungsanteilen verwendet. Der Handel mit der Galle blüht, auch wenn dieses Extrakt vollständig durch kostengünstigere und gesündere pflanzliche oder synthetische Alternativen ersetzt werden kann.
Von einem Bären werden jährlich um die zwei Kilogramm getrocknetes Gallenpulver gemolken. Bevor es Bärenfarmen gab, lag die heimische Nachfrage in China bei 500 Kilogramm jährlich. Seitdem die Gewinnung der Galle kommerziell geworden ist, stieg die Nachfrage in China auf das achtfache und liegt somit bei 4.000 Kilogramm. Die Produktion ist auf sieben Tonnen jährlich angestiegen – fast das Doppelte der Nachfrage. Um den Überschuss an produzierter Galle zu verwerten, haben viele Bärenfarmen mit der Herstellung von überflüssigen Produkten wie Halsbonbons, Shampoo, Wein und Tee angefangen.
Kampagnen für das Ende der Bärengalle in der Medizin
Ein Bericht der „Chinese Association of Medicine and Philosophy and EarthCare“ hat gezeigt, dass es neben synthetischen Medikamenten mehr als 50 pflanzliche Alternativen für Bärengalle gibt, wie Chinesisches Efeu, Löwenzahn, Chrysantheme, Gemeinen Salbei und Rhabarber. Diese Alternativen haben dieselbe Wirkung wie der Bärengallensaft, sind günstig und verursachen kein Leid.
Sogar Mediziner der Traditionellen Chinesischen Medizin sprechen sich mittlerweile öffentlich gegen die Verwendung von Bärengalle aus. Viele Mediziner haben niemals Bärengallensaft in ihrer Medizin verwendet. Die Farmbären leiden neben einer immensen Anzahl verschiedenster Krankheiten fast ausschließlich unter Leberkrebs. Der Gallensaft solch kranker Tiere ist mit Bakterien, Eiter, Kot, Urin, Krebszellen und möglichen Rückständen von Antibiotika verschmutzt. Auch in Vietnam gerät die Verwendung von Bärengalle in die Kritik, da endlich die Risiken einer Vergiftung durch die kranke Galle erkannt und zugegeben werden.
Die Mitarbeiter der Tierschutzorganisation Animal Asia Foundation ermutigen in verschiedenen chinesischen Provinzen die Apotheken, in Zukunft keine Produkte mit Bärengalle mehr zu verkaufen und sich öffentlich für das Ende von Bärengalle in der TCM einzusetzen. Die Apotheken, die sich gegen den Einsatz von Bärengalle aussprechen, werben mit Hilfe von Stickern an Türen und Verkaufstresen mit der eindeutigen Botschaft: „Wir verkaufen keine Teile von Bären“.
Versuchter Börsengang eines Pharmazieunternehmens führt zu Aufruhr unter der Bevölkerung
Das Pharmazieunternehmen Gui Zhen Tang ist Besitzer einer der größten Bärenfarmen Chinas, in denen die Galle produziert wird. 470 Bären werden von ihnen schon gequält, misshandelt und ausgebeutet und es sollen Tausende mehr werden. Das Unternehmen hat bei der Börsenaufsicht von Fujian die Zustimmung zum Börsengang beantragt. Dieser Antrag hat unter der chinesischen Bevölkerung beachtliche Proteste ausgelöst und der öffentliche Widerstand auf den Straßen und im Internet gegen den Börsengang wächst täglich. Toby Zhang, Direktor für Außenbeziehungen bei Animals Asia sagt: „Dieser Protest der Basis gegen die Bärenfarmen ist sehr erfreulich. Es zeigt, dass die Chinesen sich zunehmend auch Sorgen machen über den Tierschutz und dass sie dazu auch im Internet ihre Stimme erheben.“
TCM-Professoren rufen dazu auf, Bärenfarmen in China zu beenden
Der chinesische Medizinprofessor Hun vertritt die Meinung, Bärengalle sei kein essentieller Bestandteil in der Traditionellen Chinesischen Medizin und stellt sie aufgrund der grausamen Gewinnung in Frage. Der Autor, Mitglied der „China Medical Information Association“, bereitet eine Unterschriftenaktion gegen die Praktik der Bärengalle im Internet vor, um weltweit Unterschriften von TCM-Praktizierenden zu sammeln.
Hun erklärt, dass die grausame Technik zur Bärengallenproduktion die Tradition der chinesischen Medizin tötet, die eine Tradition der Liebe ist. Er zitiert aus der „Huang Di Nei Jing“, welche als Bibel der Traditionellen Chinesischen Medizin angesehen wird: „Chinesische Medizin ist verwurzelt in der Harmonie der Welt. Leiden und töten steht im totalen Gegensatz zur Harmonie und wird die medizinische Wirkung vermindern. Die chinesische Medizin vermeidet das Töten von Tieren und ein wichtiger Inhalt dieser TCM ist, Leben zu retten.“ Damit wäre die grausame Methode der Bärengalle-Gewinnung auch aus dieser Sicht in keinem Fall zu akzeptieren.