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Wie funktionieren Tauschringe

Was ist ein Tauschring? Es klingt gut. Bargeldlos. Zinslos. Die Tauschring-Bewegung gibt es in Deutschland seit knapp 20 Jahren. Eine Alternative in der Wirtschaftskrise? Bargeldlos Waren, Dienstleistungen und Know-how tauschen.

Tauschen ist die älteste Form des gegenseitigen Geben und Nehmens. Ein Stein oder eine Muschel gegen ein Fell, Werkzeuge gegen Nahrungsmittel. Was den wenigsten Menschen bewusst ist – auch Geld ist ein Tauschmittel, nur ist der Tausch unterbrochen. Ware oder Dienstleistung gegen Geld und dieses wieder gegen Ware und Dienstleistung. Der Bezug zu dem ursprünglichen Tauschvorgang ging allerdings verloren. Nicht nur dass man den Produzenten einer Ware gar nicht mehr kennt, auch das Geld wird oft nicht mehr angefasst. Für seine Arbeit werden nicht mehr die vereinbarten Scheine in der Lohntüte überreicht, man bekommt sein Gehalt auf ein Konto überwiesen. Und auch viele andere Geldflüsse sind gar nicht mehr nachzuvollziehen, nicht mehr zu „begreifen“. Dazu entspricht der materielle Wert des Geldes nicht mehr dem aufgedruckten Wert, die Materialkosten des Papiers und der Druckfarbe machen nicht einmal einen Bruchteil des aufgedruckten Wertes aus. Wirtschaftsgegner führen diese Faktoren auch als Teil-Auslöser der derzeitigen Krise an.

Ursprung der aktuellen Tauschringbewegung ist Kanada

Michael Linton, der 1983 in Kanada das erste LETS (Local Exchange Trading System) gründete, hatte genaue Vorstellungen, was in einem Tauschring anders sein sollte als in der normalen Geldwirtschaft. Wichtig waren ihm die lokale Ansiedelung der Mitglieder, die die Anonymität bei Tauschgeschäften aufheben sollte. Dazu sollte LETS keinen Profit machen, es durfte kein Bargeld fließen, keine Zinsen erhoben werden (weder auf positive noch auf negative Kontostände), es sollte Transparenz unter den Mitgliedern herrschen und jedes Konto mit einem Nullsaldo begonnen werden. Eine lokale Verrechnungseinheit innerhalb des LET-Systems sollte die Abwicklung der Tauschgeschäfte möglich machen.

Tauschringe wollen eine Alternative zur Geldwirtschaft bieten

Die LETS-Bewegung kam bald darauf über die Schweiz nach Deutschland. Allerdings nennen sich nicht alle Tauschringe, die sich seit dieser Zeit gegründet haben, auch LET-Systeme. Das Prinzip ist aber bei allen Tauschbewegungen ähnlich – sie wollen eine Alternative zur Geldwirtschaft bieten und ein sozialeres Miteinanderumgehen praktizieren. Ein wichtiger Punkt dafür ist die Zinsfreiheit, die für mehr Gerechtigkeit sorgen soll. Da jedes Tauschring-Mitglied mit dem gleichen Anfangssaldo bei Null beginnt und jeder nur für seine direkte Arbeit oder seine Ware einen vereinbarten Wert in Form der internen Tauschring-Währung bekommt, tritt niemals ein vergleichbares Guthaben-Gefälle auf, wie in der realen Wirtschaft. Wer etwas hat, kann das „Geld“ in Form der Tauschring-Währung nicht horten und darauf warten, dass es sich vermehrt. Ganz im Gegenteil wird durch eine Umlaufsicherung dafür gesorgt, dass niemals zu viel interne Währung aus dem Tauschring-Kreislauf gezogen wird und damit der Tauschablauf verhindert wird. Je mehr die interne Währung „im Fluss“ ist, also hin und her getauscht wird, umso lebendiger ist ein Tauschring.

Generelle Unterschiede in der Währung der Tauschringe

Die Währung in den Tauschringen ist ein reines Buchgeld, da nur eine staatliche Bank (bzw. heutzutage die Europäische Zentralbank) das Recht hat, Geld herauszugeben. Es gibt also keine tatsächlichen Scheine, sondern nur eine interne Buchführung innerhalb der Tauschringe. Die Mitglieder bekommen meist in regelmäßigen Abständen einen aktuellen Auszug, der ganz ähnlich wie ein Bankauszug aussieht. Es gibt ebenfalls Buchungen im Soll und im Haben, doch jede Leistung ist trotz allem mit einer Gegenleistung innerhalb des Tauschringes verknüpft. Die Währung richtet sich in der Regel nach dem Namen des Tauschringes (LETS-Taler, Talente, Kreuzer…) und hat entweder einen unabhängig festgelegten Wert oder sie richtet sich nach dem Euro. Generell wird in Tauschringen zwischen Zeitwährungen, freier Währung und Leistungswährung unterschieden. Eine Zeitwährung legt fest, dass eine Dienstleistung immer einen bestimmten Betrag pro Stunde kostet. Hier spielt die Ausbildung, das Know-how oder die Art der Dienstleistung keine Rolle. So bekommt ein Babysitter den gleichen Betrag wie ein Informatiker. Waren müssen jedoch bei einer Zeitwährung nach einem „gefühlten“ Wert berechnet werden. Der Übergang zwischen freier Währung und Leistungswährung ist nicht so klar zu definieren. Da ein Tauschring in der Regel ein Zusammenschluss von allenfalls ein paar hundert Menschen ist, wird eine absurd hohe Währungsvorstellung für eine Dienstleistung nicht nachgefragt und wird sich langfristig auf ein Mittelmaß einpendeln. Die Mechanismen eines abgeschlossenen Marktes wie eines Tauschrings funktionieren meistens sehr schnell. Die Leistungswährung unterscheidet aber nach einer „qualifizierteren“ Tätigkeit und angelernten Tätigkeiten. In der Regel gibt es aber trotzdem Empfehlungen, in welcher Höhe man sich bewegen sollte. Eine ganz freie Währung ist in Tauschringen selten anzutreffen.

Tauschringe und Geld-Alternativen entstehen oft in wirtschaftlichen Krisen

Obwohl die aktuelle Tauschring-Bewegung relativ neu ist, gab es immer wieder wirtschaftlich schwierige Zeiten, in denen Alternativen zur Geldwirtschaft geschaffen wurden. So gab es 1932 das sogenannte „Wunder von Wörgl“. Da die Gemeinde durch die hohe Arbeitslosenquote und eine wirtschaftliche Flaute beträchtliche Steuerausfälle hatte, gab Bürgermeister Michael Unterguggenberger sogenannte „Arbeitswertscheine“ aus. Diese waren eine Art „Komplementärwährung“, ein Freigeld, das für eine enorme wirtschaftliche Belebung der Region sorgte. Die Österreichische Nationalbank stoppte das erfolgreiche Experiment, für das es schon viele potentielle Nachahmer gab, mit dem Hinweis, dass nur der Nationalbank allein die Ausgabe von Geld zustehe. Es gab aber in den 30er Jahren weitere Experimente, wie die „Ulmer Wära“ 1931 in Ulm. Dieses Schwundgeld (Geld, das an Wert verliert, wenn es nicht ausgegeben wird) wurde von einer „Ulmer Tauschgesellschaft“ initiiert. Eine ausschließliche Alternative zu der bestehenden Geldwirtschaft konnte ein Tauschring aber bis dato nie sein.