Herz-Kreislauf-Erkrankungen & verwendete Heilpflanzen. Viele phytotherapeutischen Mittel können eine Therapie bei Erkrankungen des Herzens, Kreislaufs und der Gefäße unterstützen. Die verwendeten Heilpflanzen, ein Rückblick
Weißdorn steht immer wieder im Mittelpunkt der phytotherapeutischen Behandlung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dennoch ist er nur einer von vielen: Mistel, Herzgespann, Ginkgo, Buchweizen, aber auch Rosskastanie und Knoblauch finden hier Anwendung und waren bereits in der Vergangenheit von großer Bedeutung.
Betrachten wir somit nicht allein die rationale Phytotherapie, die Gegenwart, sondern ebenfalls den Ursprung, die Ethnobotanik und einige jener Heilpflanzen, die aufgrund ihrer Toxizität heute nur noch standardisiert genutzt werden, jedoch lange gebräuchlich waren.
Anwendungsmöglichkeiten von Heilpflanzen gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind bei Herzschwäche, Herzinsuffizienz und funktionellen Herzbeschwerden, Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) und niedrigem Blutdruck (arterielle Hypotonie), bei chronisch venöser Insuffizienz und peripheren Durchblutungsstörungen gegeben.
Die Gegenwart und ein Blick in die Vergangenheit: Vom Alpranken bis zum Hagedorn
Die Mistel – Pflanze des Herzens und Heilmittel
Die Mistel galt bei den Kelten als „Mittel gegen alles“. Die Volksmedizin übernahm diesen Gedanken, empfand die Schmarotzerpflanze mit den klebrigen, perlenartigen Beeren zugleich aber als unheimlich. Die Namen im Volksmund zeugen davon: Hexenbuschen, Hexennest, Teufelsbesen, Alpranke…
Klinisch erwiesen ist heute die krampflösende und blutdrucksenkende Wirkung der Mistel. Misteltee oder Tropfen verlangsamen den Herzschlag und erweitern die Arterien. Zudem wurde in der Mistel ein tumorhemmendes Protein entdeckt und ihre positive Wirkung auf das menschliche Immunsystem nachgewiesen. Auch eine höhere Lebenserwartung mit Mistel behandelter Krebskranker ist mittlerweile anhand von Studien und Statistiken bewiesen.
Die Mistel enthält Viscotoxine, Lectine, Flavonoide, Polysaccharide, biogene Amine und Schleimstoffe. Mistelpräparate und Misteltee werden zur Senkung des Bluthochdrucks und zur Vorbeugung von Arteriosklerose eingesetzt. Diese Verwendung findet ihren Ursprung in der volksmedizinischen Handhabung. Die Droge wird zusammen mit Weißdorn zur Unterstützung der Herztätigkeit empfohlen.
Weißdorn – Schutz von Hag und Herz
Dioskurides beschrieb bereits im ersten Jahrhundert nach Christi den Weißdorn, der einst als Schutzwall und somit Schutz des Gehöfts, des Hags galt, als Heilpflanze. Im Mittelalter verwendete man die Früchte gegen Durchfall und Frauenprobleme, die Kerne gegen Steinleiden.
Im 19. Jahrhundert wurde der Crataegus in Amerika und Frankreich als Herzmittel eingesetzt. Der irische Arzt Dr. Green verwendete die Droge als erster und schenkte unzähligen Herzpatienten Hoffnung. Herzprobleme hatten im Zuge der Industrialisierung zugenommen. Heute ist Herzversagen eine der häufigsten Todesursachen in den Industriestaaten.
Ginkgo – ein lebendes Fossil
Die Wirkstoffe des Ginkgos steigern die Durchblutung und den Energiestoffwechsel, übrigens auch im Gehirn. Vorsicht bei Patienten, die blutverdünnende Mittel einnehmen: Auch Ginkgo wirkt blutverdünnend. Die TCM setzt Zubereitungen aus dem Ginkgosamen bei Asthma, Schleimhusten und Harnbeschwerden ein, aus den Blättern wird bei Ohrensausen, Asthma und Bluthochdruck ein Tee bereitet.
Die Homöopathie verwendet Zubereitungen bei Durchblutungsstörungen, Entzündungen und Schmerzen. Ginkgo inaktiviert die toxischen Sauerstoffradikale, verbessert die Fließeigenschaft des Blutes, schützt die Mitochondrien. Das Ginkgo-Präparat Tebonin ist das meistverkaufte Phytotherapeutikum Deutschlands.
Der Rote Fingerhut – Heilpflanze oder Giftpflanze?
Der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea), eine sehr alte Heilpflanze, steht für Erkrankungen im Bereich von Herz und Kreislauf. Er enthält Herzglykoside, die sich bei sachverständigem Einsatz als wertvolles Arzneimittel erweisen, eine Eigenbehandlung jedoch ist absolut lebensgefährlich!
Medizinisch genutzt werden die getrockneten Blätter, in der Regel innerhalb der Blütezeit zwischen Juli und August geerntet. Diese stellen ein klassisches Herzmittel dar, das bei unregelmäßiger oder unzureichender Herztätigkeit verordnet wird. Heutzutage werden vielmehr die standardisierten Extrakte oder isolierten Reinsubstanzen für Fertigpräparate genutzt.
Neben dem Roten Fingerhut waren auch das Maiglöckchen, der Waldmeister und die Herbstzeitlose Heilmittel bei Herzproblemen unserer Vorfahren. Die Dosis machte das Gift und diese wurde vergessen. Standardisierte Präparate aber überlebten und tragen Kunde von einstigen Hütern, Beschützern und Pflanzen des Herzens, die noch heute genau den Mittelpunkt unseres Seins zu schützen wissen.