Keratinozyten finden bakterielle Haut-Entzündungen nicht toll, die Toll-like-Rezeptoren unseres Immunsystems finden Keime toll & alarmieren die Immunabwehr unserer Haut.
Total „toll“ fanden die deutsche Nobelpreisträgerin Prof. Dr. rer. nat. Christiane Nüsslein-Volhard und der amerikanische Nobelpreisträger Prof. Dr. Eric F. Wieschaus was sie zusammen unter dem Doppel-Mikroskop entdeckten, die beiden Entwicklungsbiologen entwickelten daraus den Namen des Toll-Gens der Fruchtfliege Drosophila, der seitdem in der wissenschaftlichen Literatur herumtollt: Defekte Toll-Mutanten der Fruchtfliege zeigen unter dem Mikroskop eine abweichende Embryonalentwicklung, außerdem sind sie äußert anfällig gegenüber Pilzen. Toll-like-Rezeptoren nennt man die Produkte des Toll-Gens, Toll-like-Rezeptoren kommen nicht nur bei Fruchtfliegen vor, sondern auch als Bestandteil des angeborenen Immunsystems bei uns Menschen. Die Keratinozyten und die Immunzellen unserer Epidermis erkennen damit pathogene Keime, damit unsere tolle und schöne Haut nicht zum bakteriellen Tollhaus wird.
Fast alle Hautzellen tragen die Toll-like-Rezeptoren des angeborenen Immunsystems
Damit unsere Hautbarriere nicht von einer Mikroben-Invasion überrannt wird, tragen viele Hautzellen auf ihrer Zellmembran Toll-like-Rezeptoren, darunter die hornbildenden Keratinozyten und Langerhans-Zellen in der Epidermis, in der Lederhaut tollerweise auch die dentritischen Zellen, Lymphozyten, Makrophagen und Mastzellen sowie sogar die Endothelzellen der Blutgefäße in der Dermis (siehe Grafik). Da tagtäglich eine tollwütige Mikroben-Armee unsere Haut bedroht, gibt es verschiedene Toll-like-Rezeptoren (TLR) zur Erkennung verschiedene Marker-Moleküle aus Bakterien, Viren und Pilzen.
Keratinozyten tollen mit den Toll-like-Rezeptoren 1 bis 6 & 9 durch die Epidermis
Normalerweise schützt die Keratinozyten unserer Haut eine intakte Hornschicht mit einem Säureschutzmantel und speziellen anti-bakteriellen Proteinen wie Cathelicidin, Dermcidin und beta-Defensin. Doch ist die Hautbarriere wie bei Neurodermitis gestört, können pathogene Keime den hornbildenden Hautzellen auf die Zellmembran-Pelle rücken, so besiedelt das krankheitserregende Bakterium Staphylococcus aureus bei über 80 Prozent der Neurodermitis-Patienten die erkrankten Hautstellen mit einer furchterregenden Staphylokokken-Dichte von bis zu einer Million Bakterien pro Quadratzentimeter. Staphylokokken wie Staphylococcus aureus erkennen Keratinozyten mit TLR-2 an so genannten Peptidoglykanen und der Lipoteichonsäure, dies sind spezifische Zelloberflächen-Moleküle gram-positiver Bakterien – auch einige pathogene Pilze können mit TLR-2 erkannt werden. Tollen dagegen Viren durch unsere Epidermis, erkennen Keratinozyten die doppelsträngige RNA-Erbsubstanz der Viren mit TLR-3.
Keratinozyten alarmieren das Haut-Immunsystem mit Cytokinen
Keratinozyten nehmen eine wichtige Rolle im Immunsystem unserer Haut ein, sie sind jedoch keine Bakterien-Jäger. Damit die Herumtollerei der Bakterien, Pilze und Viren in der Epidermis nicht überhand nimmt, rufen sie mit Jagdleitsignalen des Immunsystemswie den so genannten Cytokinen die Bakterien-Jäger zum Aufbruch zur Mikroben-Jagd. Aktivieren Staphylokokken wie Staphylococcus aureus den TLR-2 der Keratinozyten, dann produzieren die hornbildenden Hautzellen Interleukin-8 (IL-8) und Enzyme wie die induzierbare Stickstoff-Monoxid-Synthase (iNOS). Das Chemokin Interleukin-8 zu produzieren ist chemotaktisch klug, da durch Interleukin-8 die neutrophilen Granulozyten des Immunsystems durch Chemotaxis angelockt werden. Neutrophile Granulozytengehören zu den Fresszellen des Immunsystems und haben Bakterien, Viren und Pilze zum Fressen gern, sie orientieren sich in der Haut am chemotaktischen Konzentrationsgradienten von Interleukin-8 – eine tolle Sache, dass mit den Toll-like-Rezeptoren!