Die Symptome der Borreliose sind so vielfältig wie bei kaum einer anderen Krankheit. Deshalb ist es schwer, von Anfang an die richtige Diagnose zu stellen.
Oftmals haben vor allem Allgemeinmediziner Schwierigkeiten, zeitnah die richtige Behandlung gegen Borreliose einzuleiten. Nicht alle Patienten weisen die typische Rötung nach einem Zeckenbiss auf und der Arzt kann erst nach dem Ausschluss verschiedener anderer Krankheiten die richtige Diagnose stellen. Als Nachweis dienen die im Blut gebildeten Antikörper, allerdings ist das erst nach einer Frist von ca. 6 Wochen nach dem Stich möglich. Wird der Antikörpertest zu früh veranlasst, kommt es zu einer falschen Aussage und als Folge dann zu einer Fehlbehandlung des Patienten.
Bis zur endgültigen Diagnose vergehen nicht selten mehrere Wochen, Monate, manchmal sogar Jahre. In der Zwischenzeit haben die Erreger ausreichend Gelegenheit, sich ungehindert im Körper auszubreiten und zum Teil schwere gesundheitliche Schäden zu hinterlassen.
Vorbeugung gegen Zeckenbiss schwierig
Die gut gemeinten Ratschläge, sich vor einem Zeckenbiss zu schützen, helfen in der Praxis manchmal recht wenig. Vor allem wenn man allein lebt, kann man seinen Körper nach einem Wald- oder Wiesenspaziergang kaum komplett absuchen. Zum einen sind die Zecken auch teilweise so klein, dass man Schwierigkeiten hat, sie mit bloßem Auge zu erkennen und zum anderen verstecken sie sich in Körperregionen, die ohnehin schwer einsehbar sind. Deshalb wird es oft gar nicht bemerkt, wenn sich eine Zecke ins Fleisch bohrt. Da sie dabei noch eine Betäubung der Körperregion vornimmt, kommt es nicht mal zu einem Juckreiz.
Ausbruch der Borreliose sehr unterschiedlich
Auch Simone hat „ihre“ Zecke nicht bemerkt. Irgendwann stellte sie auf dem Rücken eine Rötung fest. Da sie aber wegen mehrerer Allergien auch bei Ameisenstichen schon einmal solche Flecken entwickelt hatte, versuchte sie zunächst mit den üblichen Allergietabletten und Hautcremes den roten Fleck zu behandeln. Auch als der Fleck immer größer wurde und über den Rücken wanderte, dachte sie noch nicht an Borreliose. Doch dann fühlte sie sich eines Morgens sehr schlecht. Die Nase war zu, im Bauch grummelte es, ihr war übel, der Hals war dick, der Kopf spannte. Sie fühlte sich stark aufgebläht und gliederschwach. Bei jeder schnellen Kopfbewegung schwindelte es ihr.
Da sie den typischen roten Fleck auf dem Rücken hatte, bekam sie von ihrer Hausärztin sofort Antibiotikum für drei Wochen verordnet. Der Bluttest bestätigte erst eine Woche später die Diagnose.
Simone fühlte sich nach der Borreliose nie wieder so richtig wohl, obwohl ein späterer Bluttest ergab, dass sie eigentlich gesund sein müsste. Schmerzen wanderten in ihrem Körper von Gelenk zu Gelenk. Bei einer Vorsorgeuntersuchung ein paar Jahre später wurde beim EKG plötzlich ein Linksschenkelblock festgestellt, eine Erregungsleitungsstörung der linken Herzhälfte. Viele Folgeuntersuchungen brachten keine Erklärung. Erst als Simones Mann Konrad ebenfalls an Borreliose erkrankte, beschäftigte sie sich noch einmal intensiv mit den möglichen Folgen und stieß dabei auch auf den Linksschenkelblock.
Hautrötung fehlt in vielen Fällen
Die Hautrötung ist zwar ein bedeutender Hinweis auf diese heimtückische Krankheit, aber kaum einer weiß, dass dieses Merkmal nur in etwa 30-50 % aller Fälle auftritt. Bei Konrad begann die Krankheit praktisch von einer Minute zur anderen. Nach einem sonnenreichen Strandtag im Sommerurlaub wurde ihm plötzlich übel und die Körpertemperatur stieg rapide an. Konrad dachte zuerst an einen Sonnenstich. Während der Nacht kam es dann zu mehreren Schweißausbrüchen und Schüttelfrost. Das Fieber ließ sich nur kurzfristig mit fiebersenkenden Tabletten bekämpfen. Den nächsten Tag verbrachte Konrad nur im Bett. Er war kaum in der Lage, die Toilette aufzusuchen. Das Bettlaken musste mehrmals gewechselt werden, weil es komplett durchnässt war. Es gab keine weiteren Krankheitssymptome, einen roten Fleck hatte Konrad nie.
Borreliose verläuft in Schüben
Nach vier Tagen ging das Fieber zurück, aber da sich Konrad noch nicht fit fühlte, suchte er seinen Hausarzt auf. Er wollte lediglich eine Krankschreibung, damit er sich die folgende Urlaubswoche aufsparen konnte. Konrad arbeitet als Förster und äußerte deshalb gleich im ersten Arztgespräch, dass er in der Vergangenheit Kontakt mit mehreren Zecken hatte. Trotzdem ging der Arzt nicht darauf ein, sondern vermutete die zum damaligen Zeitpunkt grassierende Schweinegrippe. Er schickte den Patienten mit einem Mittel zur Grippebehandlung, Fiebertabletten und einer Krankschreibung nach Hause. Konrad ging es immer besser. Er fühlte sich am Ende der Woche wieder so fit, dass er mit seinem Hund einen ausgedehnten Spaziergang unternahm. Am Abend dieses Tages kam das Fieber wieder.
Endlich ließ sich der Arzt zu einem Borreliosetest überreden. Nach einer weiteren Woche stand das Laborergebnis fest und zeigte massive, schon seit Monaten bestehende Borrelienabwehrtätigkeit. Der Hausarzt war mit seinem Latein am Ende und wies Konrad ins Krankenhaus ein. Da Konrad inzwischen auch Druck in der Brust verspürte, ging man im Einweisungsgespräch im Krankenhaus von einem Herzproblem aus und verlegte Konrad auf die Kardiologie. Eine weitere Woche verging, in der man feststellte, was Konrad alles nicht hatte. Erst dann begann man mit den neurologischen Untersuchungen. Bei einer Lumbalpunktion wurde eine Kanüle in das Rückenmark eingeführt und im dabei entnommenen Hirnwasser konnte man eine Neuroborreliose nachweisen.
Nach über drei Wochen stand endlich die Diagnose fest, obwohl der Patient schon im ersten Gespräch auf eine mögliche Borreliose hinwies. Konrad bekam dann über drei weitere Wochen intravenöses Antibiotikum. Nach einem halben Jahr konnte über eine weitere Lumbalpunktion nachgewiesen werden, dass sein Körper keine Abwehrkörper mehr gegen die Borrelien bildete. Konrad gilt als geheilt. Gesund fühlt sich Konrad seit der Borreliose nicht mehr. Wie auch schon vor seinem ersten Krankenhausaufenthalt kommt es immer wieder zu wechselnden Gliederschmerzen.
Symptome deuten auf andere Krankheiten
Auch bei Volker brach die Krankheit mit einem Symptom aus, bei dem man nicht gleich an eine Borreliose dachte. Mit plötzlich starren Gesichtszügen und der Unfähigkeit zu sprechen wies er alle Anzeichen eines Schlaganfalls auf. Bei ihm stand nach zwei Wochen relativ schnell die Diagnose fest.
Die Praxis zeigt, dass es vor allem bei Patienten, die nicht die typische Rötung aufweisen, schwierig ist, sofort die richtige Behandlung einzuleiten. Eine Weiterbildung auf diesem Gebiet sollte jedoch für einen Mediziner zum Pflichtprogramm gehören, um vor allem auch Hausärzte für diese Krankheit besser zu sensibilisieren. Nicht zuletzt trägt auch ein respektvoller Umgang im Patientengespräch zu einer schnelleren Diagnose bei.