Besonders auf dem Land haben sich viele alte Rituale rund ums Heiraten gehalten. Einige Bräuche kennt fast jeder, andere sterben allmählich aus.
Vier Dinge ebnen den Weg ins Eheglück, wenn die Braut sie bei der Hochzeit am Körper trägt: „Something old, something new, something borrowed, something blue“. Altes und Neues sollen den vergangenen und den beginnenden Lebensabschnitt zu einem harmonischen Ganzen verbinden, das Geliehene symbolisiert stabile Freundschaften, und das Blaue gilt als Zeichen der Treue. Der ursprünglich angelsächsische Brauch hat sich längst auch in Deutschland etabliert und gehört heute zu den beliebtesten und am häufigsten gepflegten Hochzeitsbräuchen. Eigentlich sieht er noch einen Glückspfennig im Brautschuh vor („… and a lucky six-pence in your shoe.“), doch der wird meistens weggelassen.
Sei es, weil dieser Teil des Brauchs nicht überall bekannt ist, sei es, weil der Penny neben einem finanziell sorgenfreien Leben noch etwas Anderes garantiert: Blasen an den Füßen, welche die Freude am Hochzeitstag ziemlich trüben können. Besonders dann, wenn einer der Gäste auf die Idee kommt, womöglich einen Brautlauf nach germanischem Vorbild zu veranstalten.
Brautlauf und Brautstrauß werfen, Kindsbaum und Stammhaltergarantie
„Brautlauf“ ist ein in allen germanischen Sprachen vorkommendes Wort für Hochzeit, wahrscheinlich, weil nach alter Sitte die Braut – wie noch Brunhild im Nibelungenlied – in Wettspielen errungen werden musste. Bis in die Neuzeit war es üblich, dass Braut und Bräutigam am Ende des Hochzeitstags einen Wettlauf austrugen. Heute gibt es den Brautlauf in abgewandelter Form noch in Bayern: er führt von der Kirche zum Gasthaus und wird nicht vom Paar, sondern von den Gästen absolviert.
Ein überaus beliebter Hochzeitsbrauch ist das Werfen des Brautstraußes und/oder des Strumpfbandes. Ersteren wirft die Braut über die Schulter den unverheirateten Frauen zu; diejenige, die ihn fängt, wird als nächste heiraten. Dasselbe gilt für den Junggesellen, der das vom Bräutigam geworfene Strumpfband erwischt.
Nicht weitere Heiraten, sondern reichen Kindersegen soll ein blau-weiß bemaltes Bäumchen bringen, das vor der Wohnung des Paars aufgestellt wird und an dessen Zweigen Babysachen hängen. Am Stamm wird ein Gedicht angebracht, welches das Paar erinnern soll, innerhalb eines Jahres für Nachwuchs zu sorgen. Der Brauch ist vorallem im südbayrischen Raum verbreitet. Wird der Braut während der Hochzeitsfeierlichkeiten ein kleiner Junge auf den Schoß gesetzt, soll das dem Paar einen Stammhalter garantieren.
Häcksel streuen, Kränzen und Hahn holen sind typisch ländliche Hochzeitsbräuche
Beim „Häckseln“ streuen Freunde des Brautpaars mit einem Traktor eine Strohspur vom Haus der Brauteltern bis zu dem der Bräutigameltern. Die Spur macht dabei aber ein paar Umwege: bei jedem ehemaligen Partner eines der Brautleute wird ein Zwischenstop eingelegt und solange gestreut, bis der „Verflossene“ eine (meist alkoholische) Stärkung herausgibt. Da heute die Wohnorte von Braut und Bräutigam oft weit auseinanderliegen und nicht jeder die notwendigen Requisiten (Traktor, Stroh) zur Verfügung hat, konnte sich der Brauch nur auf dem Land halten; meist bei Paaren, die aus landwirtschaftlichen Betrieben kommen.
Eine Runde getrunken wird auch beim „Kränzen“: Nachbarn hängen am Abend vor der Hochzeit einen aus Tannenzweigen geformten Kranz über die Haustür des Brautpaars. Der mit weißen Blüten verzierte Kranz wird von den Nachbarinnen gefertigt; das Aufhängen ist hingegen Männersache. Meist wird das Anbringen des Kranzes mit Liedern begleitet; die Nachbarn werden als Lohn vom Brautpaar auf einen Umtrunk eingeladen.
Eine „Nachfeier“ ist das „Hahn holen“. Als Dank für die Mithilfe bei der Vorbereitung und Ausrichtung der Hochzeit werden Nachbarn und Freunde eingeladen. Ursprünglich wurden die Gäste mit den Resten vom Vortag bewirtet. Der eigenwillige Name bezieht sich auf den Ursprung des Brauchs: Am Tag nach der Hochzeit wurde das Brautpaar zu einem Spaziergang abgeholt, auf dem ein Hahn mitgeführt wurde. Dieser wurde bisweilen betrunken gemacht und landete nach der Rückkehr im Suppentopf. Das „Hahn holen“ wird im Münster- und Emsland, besonders im ländlich-bäuerlichen Umfeld gepflegt.
Hochzeitskerze und Baum, Wasser und Brot: Hochzeitsbräuche als Glücksbringer und Omen
Die Hochzeitskerze war bereits im Mittelalter fester Bestandteil der Trauungszeremonie und sollte die Gebete in den Himmel tragen und böse Geister verscheuchen. Die Liebe der Frischvermählten soll wie die Kerze sein: strahlend, leuchtend und wärmend.
Nach alter Tradition pflanzt das Brautpaar nach der Trauung einen Baum. So wie dieser wächst und gedeiht, soll auch die Ehe wachsen und gedeihen. Verschiedene Baumsorten haben eine unterschiedliche Bedeutung. So steht beispielsweise die Eiche für Beständigkeit und Stärke, die Birke für Zartheit und Widerstandskraft, der Haselbusch für Weisheit, Wahrheit und Süße unter der harten Schale.
Bevor das Paar das (Gast)Haus betritt, in dem die Hochzeit gefeiert wird, überreicht ihnen der Wirt oder ein Verwandter eine Scheibe trockenes, gesalzenes Brot und ein Glas Wasser, das sich das Paar teilt. Die Braut wirft das leere Glas über die Schulter (es sollte dabei zerbrechen). Brot und Wasser stehen symbolisch dafür, dass das Paar immer genug Essen und Trinken im Haus hat.
Neben den hier genannten Bräuchen gibt es auch einige eher unbeliebte Hochzeitsbräuche, die mehr Missmut als Freude auslösen. Oft liegt das an einer falschen oder übertriebenen Ausführung oder daran, dass Herkunft und Sinn von Hochzeitsbräuchen vergessen wurde. Mit Herz und Verstand durchgeführt, machen Bräuche den Hochzeitstag zu einem schönen Erlebnis, an das sich Paare auch an den späteren Hochzeitstagen noch gerne erinnern.