Wie funktioniert eine betriebliche Einzelumschulung? Auch für Erwachsene jenseits der 25 gibt es Möglichkeiten, mit Förderung der Arbeitsagentur einen Berufsabschluss im Betrieb zu erlangen.
Die Wege des Lebens sind oft verschlungen – und so ist es nicht selten, dass Arbeitnehmer sich zwar tagtäglich an anspruchsvollen Aufgaben beweisen, jedoch keinen Berufsabschluss haben. Je nach Zielsetzung für die Zukunft geraten diese aufgrund formaler Kriterien schnell an die Grenzen der beruflichen Gestaltungsmöglichkeiten: sei es der Einstieg in den Öffentlichen Dienst, der meist eine Ausbildung voraussetzt, oder die fehlende Möglichkeit, qualifiziert und vor allem anerkannt und bezahlt Ausbilderverantwortung zu übernehmen. Ein Alter jenseits des üblichen Ausbildungsalters, eine Wohnung, eventuell Partnerschaften und Kinder, feste finanzielle Verpflichtungen, ein unbefristeter Job: Viele Gründe können einen Erwachsenen davon abhalten, doch noch einen Berufsabschluss zu erlangen. Dabei wäre dies sinnvoll, denn jenseits der beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten wird auch der aktuelle Status quo verbessert. Die Gefahr, arbeitslos zu werden oder zu bleiben, verringert sich bei Vorhandensein eines Berufsabschlusses deutlich. Was also tun?
Grundlagen für die Förderung des Berufsabschlusses beschäftigter Arbeitnehmer
Eine Umschulung im Sinne der Bundesagentur für Arbeit ist eine Sonderform der durch die Arbeitsagentur geförderten beruflichen Weiterbildung nach dem § 77 Sozialgesetzbuch III. Es gelten dieselben Regeln. Als Umschulung wird jede Weiterbildung bezeichnet, die die Kenntnisse einer Berufsausbildung vermittelt und zum Berufsabschluss führt. Es ist nicht notwendig, dass ein früherer Berufsabschluss existiert, auch wenn der Begriff dies suggeriert. De facto ist der Begriff Umschulung im Sozialgesetzbuch III nicht enthalten. Im Behördenalltag ist er jedoch weiterhin präsent.
Eine Weiterbildung und somit auch eine Umschulung erfordert die Notwendigkeit der geplanten Maßnahme. Im Gegensatz zu einer normalen Weiterbildung, kann für eine Umschulung die Notwendigkeit bereits dann bestehen, wenn kein Berufsabschluss vorliegt, unabhängig davon, ob es noch andere Gründe für eine Weiterbildung oder Umschulung geben mag. Die konkrete Formulierung des Gesetzes bezieht sich für Ungelernte demnach auch nur auf Arbeitnehmer; nicht auf Arbeitslose, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer, Arbeitslosengeldempfänger oder Hartz-IV-Empfänger. Im Umkehrschluss leitet sich daraus ab, dass auch Arbeitnehmer, die aktuell bei einem Arbeitgeber beschäftigt sind, eine Umschulung erhalten können. Da jedoch auch die Bundesagentur für Arbeit verpflichtet ist, sparsam mit den Beitragsgeldern der Versicherten umzugehen, ist davon auszugehen, dass einer Kündigung mit anschließender Arbeitslosigkeit und Umschulung aus Kostengründen nicht zugestimmt wird. Eine Möglichkeit für berufstätige Arbeitnehmer bietet die betriebliche Einzelumschulung.
Wie funktioniert eine betriebliche Einzelumschulung?
Grundsätzlich ist sie einer normalen Ausbildung ähnlich. Die Praxisphasen werden im Betrieb durchgeführt, zusätzlich wird die Berufsschule besucht und Sie schließen einen Ausbildungsvertrag, der durch die Kammer genehmigt und eingetragen werden muss. Da eine Vollzeitmaßnahme, die zum Berufsabschluss führt, im Rahmen des 6. Abschnitts des Sozialgesetzbuch III um mindestens ein Drittel gegenüber der üblichen Ausbildungsdauer verkürzt sein muss, trifft dies ebenfalls auf eine betriebliche Einzelumschulung zu. Sie werden daher bei einer üblichen Ausbildungsdauer von 3 Jahren nur ungefähr 18 bis 24 Monate Zeit haben, um den Abschluss zu erwerben. Dies bedingt natürlich ein höheres Engagement ihrerseits sowie einen sehr gestrafften Stundenplan. Der Vorteil liegt jedoch klar auf der Hand: Sie sind früher fertig.
Folgende Leistungen können Sie während der Umschulung von der Arbeitsagentur erwarten
- Kosten der Ausbildung (Berufsschulgebühren, Gebühren für die Prüfung und das Prüfungsstück, vorgeschriebenen Lehrgänge, notwendige Untersuchungen etc.)
- Fahrtkosten zur Berufsschule
- gegebenenfalls Kinderbetreuungskosten oder Arbeitskleidung
Nun stellt sich die Frage nach dem Lebensunterhalt. Wer vorher arbeitslos war, Arbeitslosengeld bezogen hat und dann einen Arbeitgeber findet, der ihn im Rahmen einer betrieblichen Einzelumschulung ausbildet, kann Arbeitslosengeld bei Weiterbildung erhalten. Dies wird für die gesamte Zeit gezahlt, unabhängig davon, wie viel Restanspruch noch vorlag. Des Weiteren darf der Arbeitgeber ihm ebenfalls Geld zukommen lassen, dass bis 400 Euro monatlich sogar anrechnungsfrei ist. Jedoch ist dies ein Thema, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Rahmen ihrer freien Vertragsgestaltung klären.
Was ist jedoch mit Arbeitnehmern, die unbefristet beschäftigt sind und damit dem Grunde nach keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben? Nehmen Sie Kontakt mit Ihren Personalverantwortlichen auf und klären Sie ab, ob diese ein Interesse daran haben, Ihre Qualifizierung zu unterstützen. Der Arbeitgeber kann Ihnen während einer Umschulung das normale Gehalt weiter zahlen und einen Arbeitsentgeltzuschuss für Ungelernte nach §235c Sozialgesetzbuch III beantragen. Für Zeiten, in denen Sie aufgrund der Ausbildung keine oder nur geminderte Arbeitsleistung erbringen können, kann der Zuschuss bis zu 100% des Gehaltes zuzüglich der entsprechenden Lohnnebenkosten betragen.
Welche Schritte sind vorzunehmen, damit eine betriebliche Einzelumschulung stattfinden kann?
Zuerst müssen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber darauf einigen, gemeinsam dasselbe Ziel zu verfolgen. Der Arbeitnehmer sollte danach einen Beratungstermin bei seiner örtlichen Agentur für Arbeit wahrnehmen und dem Arbeitsvermittler seinen Wunsch nach einer betrieblichen Einzelumschulung mitteilen. Im Idealfall wird der Arbeitsvermittler dem Vorhaben dem Grunde nach zustimmen und der Arbeitnehmer die notwendigen Unterlagen ausgehändigt bekommen, da geprüft werden muss, ob die Maßnahme bei dem Arbeitgeber anerkannt werden kann. Der Arbeitgeber sollte bereits Kontakt zu seinem zuständigen Arbeitgeberservice der Bundesagentur für Arbeit aufbauen, damit eine eventuelle Förderung über einen Arbeitsentgeltzuschuss für Ungelernte geklärt werden kann.
Ebenso ist eine Kontaktaufnahme zur Kammer notwendig, da diese entscheidet, ob eine gekürzte Ausbildung mitgetragen wird. Natürlich sollte ebenfalls die Ausbildungsberechtigung vorliegen. Sofern ein Mitarbeiter nach der AEVO berechtigt ist, auszubilden, jedoch der Betrieb noch nicht als Ausbildungsbetrieb durch die Kammer zugelassen ist, ist dies nachzuholen.
Liegen alle Unterlagen vor, dann ist abzuwarten, ob die Maßnahme im Einzelfall zugelassen wird. Bei positivem Ergebnis erhält der Arbeitnehmer einen Bildungsgutschein, kann den Ausbildungsvertrag schließen, die Unterlagen des Bildungsgutscheins wieder abgeben und mit der Ausbildung beginnen.
Das Verfahren ist relativ aufwendig, da verschiedene Vorschriften sowie zwei Behörden in Einklang gebracht werden müssen. Daher ist es sinnvoll, einen entsprechenden zeitlichen Vorlauf einzuplanen. Beachten Sie außerdem, dass sowohl die Förderung einer Umschulung als auch die Förderung des Arbeitgebers mit einem Arbeitsentgeltzuschuss dem Ermessen der Bearbeiter unterliegt. Es besteht ausschließlich Rechtsanspruch auf eine ordentliche Ermessensausübung, nicht auf einen positiven Bescheid.
Zur Vermeidung von negativen Effekten auf dem regulärem Ausbildungsmarkt sind die Agenturen für Arbeit berechtigt, von dem Arbeitgeber die Zahlung eines Ausbildungsentgeltes im Rahmen der betrieblichen Einzelumschulung zu verlangen. Dies ist eine bewusste Barriere, damit Arbeitgeber das Instrument der betrieblichen Einzelumschulung nicht für die Umgehung von Kosten im Rahmen eines normalen Ausbildungsverhältnisses benutzen.
Gibt es eine Altersbeschränkung?
Tatsächlich ist keine Altersbeschränkung im Gesetz vorgesehen. Eine betriebliche Einzelumschulung kann daher auch durch Menschen begonnen werden, die deutlich vom üblichen Ausbildungsalter entfernt sind. Jedoch unterliegen alle Entscheidungen der Arbeitsagentur auch dem Grundsatz von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Dies bedeutet, dass eine faktische Alterseinschränkung immer dann besteht, wenn aufgrund des Alters trotz erfolgreich absolvierter Umschulung keine adäquate Arbeitsaufnahme mehr zu erwarten ist. Dies ist beispielsweise bei Arbeitnehmern der Fall, die nur noch wenige Jahre bis zur Rente zurückzulegen haben.
Sollte eine Umschulung nicht genehmigt werden, ist auch für Erwachsene Berufsausbildungsbeihilfe für eine reguläre betriebliche Ausbildung ohne Alterseinschränkung möglich.